15.02.2023
Brief
eines unserer Mitglieder an Klaus Holetschek
Sehr geehrter Herr
Staatsminister Holetschek,
Es ist sehr verwunderlich
dass ausgerechnet Sie sich für den weiteren Ausbau des
Allgäu Airport von 2 auf 3 Millionen Passagieren durch
eine Subvention von 6 Millionen Euro einsetzen. Gerade Sie als
Gesundheitsminister sollten doch wissen, dass der Flugbetrieb
negative gesundheitliche Auswirkungen durch Lärm und Abgase
verursacht. Weil Sie in Memmingen wohnen und dem Stadtrat angehören,
sollte Ihnen doch das gesundheitliche Wohlbefinden ihrer Mitbürger
besonders am Herzen liegen.
Vor 20 Jahren sprach
sich der Memminger Stadtrat, dem Sie inzwischen auch angehören,
für eine zivile fliegerische Nutzung des ehemaligen Fliegerhorstes
aus, allerdings mit der Bedingung, dass eine unzumutbare Belastung
der Bevölkerung ausgeschlossen wird, insbesondere was Lärm
angeht. Ein Flugbetrieb an Wochenenden und Feiertagen, sowie
Starts und Landungen nach 22 Uhr sollten ausgeschlossen werden.
Von diesen Bedingungen will heute niemand mehr etwas wissen.
Die drei, von Ryanair in Memmingen stationierten Maschinen,
donnern täglich kurz nach 6 Uhr morgens über die Stadt
und reißen die Anwohner aus dem Schlaf. Im Gegensatz zu
den Vorschriften starten oft Flugzeugen nach 22 Uhr, was der
Allgäu Airport selbst genehmigen kann und natürlich
auch immer tut.
Bei den immer wieder vorkommenden Starts nach 23 Uhr erteilt
das Luftamt Süd jeweils großzügige Ausnahmegenehmigungen.
-> Der Fluglärm verursacht gesundheitliche Beeinträchtigungen
der Anwohner!
Braucht eine Stadt
wie Memmingen mit etwas über 40.000 Einwohnern oder das
Allgäu mit ca. 600.000 Einwohnern (Oberallgäu, Unterallgäu,
Ostallgäu, Kempten, Kaufbeuren, Memmingen) einen Flugplatz,
der für 3 Millionen Passagiere ausgelegt ist? Wenn das
ein Flugplatz für die Region sein soll, dann müsste
jeder Einwohner des Allgäus, vom Kleinkind bis zum Greis
oder Greisin, fünfmal im Jahr verreisen. Tatsächlich
hat der Allgäu Airport nach Aussage der Geschäftsleitung
ein Einzugsgebiet über den gesamten Süddeutschen Raum,
die Ostschweiz, Liechtenstein
und Teile Österreichs. In diesem Bereich liegen mehr als
ein Dutzend andere Flugplätze und es kann nicht Aufgabe
der Politik sein, durch fehlgeleitete Subventionen ein Überangebot
an Flugplätzen zu schaffen, bei der sich die Einzugsgebiete
von vielen Flugplätzen überlappen. Das Allgäu
liegt zusätzlich im Einzugsgebiet der internationalen Großflughäfen
München, Stuttgart und Zürich, sowie des Regionalflughafens
Friedrichshafen.
Vor wenigen Wochen war in der Zeitung zu lesen, dass eine Familie
mit Schulschwänzern aus dem Saarland geschnappt wurden.
Diese Familie hätte es zu über zehn anderen Flugplätzen
näher gehabt.
-> Die Anbindung des Allgäu an den Flugverkehr ist völlig
ausreichend!
Es stimmt auch nicht,
dass der Flugplatz dem Tourismus im Allgäu dient, da die
meisten ankommenden Passagieren nicht ins Allgäu als Touristen
reisen. Laut einer Studie ifo-Instituts von Ende 2018, gab es
294.700 einreisende Fluggäste bei einer Gesamtzahl von
1,7 Millionen Passagieren. Von diesen gaben nur 21% das Allgäu
als Ziel an und davon gaben wiederum 40% einen Urlaub als Reisegrund
an. Das sind
nur 24.755 (294.700 * 0,21 * 0,4) Allgäu-Urlauber. Bei
einer Gesamtzahl von
3.973.873 Gästeankünfte im Allgäu 2018, laut
Bayerischem Landesamt für Statistik, sind damit nur 0,6%
(24.755 / 3.973.873 * 100%) der Allgäu-Urlauber über
den Allgäu Airport angereist.
-> Der Allgäu Airport ist für die Anreise von Urlaubern
ins Allgäu unbedeutend!
Laut dem Bund Naturschutz
vom August 2022 wurden am Allgäu Airport täglich 2200
Tonnen CO2 ausgestoßen. Bei der geplanten Steigerung der
Flugbewegungen wären das etwa 1 Million Tonnen CO2 im Jahr
2023.
Laut Veröffentlichung des Bundesumweltamts könnte
ein Tempolimit von 130 km/h auf Deutschen Autobahnen die CO2-Emissionen
um 1,9 Millionen Tonnen reduziert.
Laut einem Infoblatt des Wohlfahrtsverbands Oxfam produzieren
die 134 deutschen Kohlekraftwerke pro Jahr 310 Millionen Tonnen
CO2, was im Schnitt 2,3 Millionen Tonnen pro Kraftwerk entspricht.
In einer Rangliste der Brüsseler Denkfabrik Transport &
Environment sind unter den 10 größten Klimasünder
in Europa 9 Braunkohlekraftwerke und die irische Billigfluglinie
Ryanair, die am Allgäu Airport besonders aktiv ist.
Von Klimaexperten wird ein CO2-Ausstoß von 3 Tonnen pro
Person und Jahr als verträglich angesehen. Bei 600.000
Einwohnern im Allgäu wären das 1,8 Millionen Tonnen
CO2. Der Allgäu Airport allein stößt also bereits
weit mehr als die Hälfte der verträglichen CO2-Menge
aus d.h. das Allgäu kann niemals klimaverträglich
werden, ganz zu schweigen von einer Klimaneutralität.
-> Der Flugbetrieb am Allgäu Airport trägt zu einem
erheblichen Teil zur CO2-Emission bei!
In der Erklärung
von Ihnen und Ihrem Parteifreund Herrn Kreuzer wird behauptet
der Ausbau das Allgäu Airport diene dazu damit er wirtschaftlicher
arbeiten kann.
Grundlage für die Genehmigung des zivilen Flugbetriebs
waren Gutachten, die zuerst von einem profitablen Betrieb ab
300.000 Passagieren, danach von einem profitablen Betrieb ab
600.000 Passagieren sprachen. Diese Zahlen wurden bereits damals
angezweifelt, waren aber Grundlage für die Genehmigung
des zivilen Flugbetriebs. Die Gutachten haben sich dann tatsächlich
als falsch herausgestellt und das Ziel für den profitablen
Flugbetrieb wurde auf eine Million Passagiere angehoben. Aufgrund
Ihrer Aussage ist davon auszugehen, dass auch zum heutigen Stand,
wo fast zwei Millionen Passagiere den Allgäu Airport nutzen,
die Wirtschaftlichkeit noch nicht gegeben ist, sonst wäre
ja ein Ausbau für einen wirtschaftlicheren Betrieb unnötig.
Es ist zu bezweifeln, ob die Subvention von 6 Millionen Euro
und der Ausbau auf 3 Millionen Passagiere das Ziel erreicht,
denn die Billigfluggesellschaften Ryanair und Wizzair bieten
nur deshalb mehr Flüge an, weil die Gebühren des Flugplatzes
gesenkt wurden, was zu niedrigeren Einnahmen führt.
-> Ein dauerhaft wirtschaftlicher Betrieb ist auch nach dem
Ausbau
höchst fraglich!
Es geht nicht darum
den Flugverkehr zu verbieten, aber Sie und Ihre Parteifreunde
sollten zur Kenntnis nehmen, dass der Umfang des Flugbetriebs
am Allgäu Airport den tatsächlichen Bedarf, sowie
das vernünftige und verträgliche Maß weit überschritten
hat.
Damit mein Schreiben
nicht sofort im Papierkorb verschwindet und die Mühe, die
ich mir beim Zusammentragen der Fakten gemacht habe, nicht ganz
umsonst war, schicke ich eine Kopie an Herrn Dr. Buchberger,
dem Vorsitzenden des Vereins "Bürger gegen Fluglärm".
Mit freundlichen
Grüßen,
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